DAS ARKTIS-ABENTEUER WARTET
Seitdem die Arbeit auf dem Weihnachtsmarkt vorbei ist, machen wir uns darüber Gedanken, wie es für uns nach dem Besuch und ab Ende Januar weitergeht. Leider bekommen wir von vielen anderen Backpackern, die Rückmeldung, dass es momentan sehr schwer ist, Jobs in Vancouver und Umgebung zu finden. Wir versuchen es dennoch und bewerben uns in den Skigebieten und gezielt auf ein paar Stellenanzeigen für Housekeeping. Nach der ganzen Zeit mit Regen in Vancouver haben wir nämlich Lust noch einmal den Winter zu erleben und eine Kanada-Erfahrung im Schnee zu machen. Zwischendurch spielen wir auch schon mit dem Gedanken, einfach weiter in die USA und Mexiko zu reisen, da es da warm ist und die Sonne scheint. Allerdings wollen wir den Frühling / Sommer eigentlich noch nutzen, um den Westen Kanadas in Ruhe zu erkunden und im Mai bekommen wir auch Besuch von Freund*innen, die nach Calgary fliegen. Hier in Vancouver zu bleiben und z.B. in einem Café zu arbeiten, ist für uns keine Option. Das liegt daran, dass uns Vancouver nicht so gut gefällt, das Wetter beschissen ist und wir am Ende das Geld, was wir verdienen für Miete und Lebensmittel ausgeben und wir nichts sparen können. Bei einem Job im Skigebiet würde die Miete direkt vom Gehalt abgehen und wir könnten dort auch nicht soviel ausgeben, da es da meistens nichts zu tun gibt, außer Skifahren (Skipass ist meist auch mit drin). Dafür würden wir dann auch die Toiletten putzen, weil wir so wenigstens die Möglichkeit zum Skifahren und wandern im Winter Wonderland hätten. Da die Saison in den Skigebieten jedoch seit November in vollem Gange ist und die meisten schon im Sommer ihr Team zusammengestellt haben, ist es nicht so einfach, dort einen Job zu finden. Wir hatten jedoch gehofft, dass Mitte / Ende Januar noch einmal ein paar Leute kündigen, weil sie keine Lust haben sechs Monate im Skigebiet zu arbeiten und nach drei Monaten aufhören. Es gibt auch viele Resorts, die noch weitere Unterstützung suchen, jedoch haben die meisten keine Staff Accommodation, also keine Personalunterkünfte mehr frei und Wohnraum in Skigebieten ist rar oder unbezahlbar. Ein Bewerbungsgespräch haben wir sogar für ein Skiresort, was Heli Skiing anbietet, also wo die Leute mit einem Helicopter hoch in die Berge geflogen werden, um die Berge herunterzufahren. Und als Personal dürfte man sogar mal mitfliegen, wenn Platz ist. Leider ist dort auf einmal keine Unterkunft mehr verfügbar, weil diese doch woanders gebraucht wird. Als Paar hätten sie uns zwar gerne eingestellt, weil wir nur ein Zimmer brauchen und sie noch zwei extra Leute gehabt hätten, aber ohne Unterkunft stellen sie uns natürlich nicht ein. Sie versprechen sich zwar zu melden, wenn doch noch was frei wird, aber wir glauben nicht daran.
Die ganze Suche macht uns klar, dass es uns bei der Jobsuche vor allem darum geht, Erfahrungen zu sammeln und eine andere Seite von Kanada kennenzulernen. Und dabei stoßen wir auf einen Aufruf vom Okpik Artic Village, das zur Zeit noch Freiwillige für mindestens einen Monat sucht. Der Aufruf ist von Sofie, einer Deutschen, die vor ein paar Jahren ebenfalls ein Work and Travel Jahr absolviert hat und mittlerweile in Kanada und zwar in der Nähe von Inuvik lebt. Inuvik ist eine Stadt in den Northwestern Territories, 300km nördlich des Polarkreises mit ca. 3000 Einwohnenden. Von Juni bis August scheint dort 56 Tage die Mitternachtssonne, während im Winter die Sonne für mehrere Wochen gar nicht aufgeht. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei -10 Grad. Das Okpik Artic Village liegt 16km nördlich von Inuvik, auf einer kleinen Insel im Mackenzie River. Das winzige „Dorf“, zur Zeit bestehend aus ein paar Hütten, wurde vor ein paar Jahren von Kylik, einem dort ansässigen Inuit, gegründet und aufgebaut. Im Sommer lebt man dort vor allem in Zelten, jetzt im Winter aber in selbstgebauten Holzhütten. Geheizt wird ausschließlich mit Holz und Wasser muss aus dem Fluss geholt werden, es gibt also doch running water (fließendes Wasser), den man muss zum Fluss rennen, um Wasser zu haben, wie Sofie so schön sagte. Strom liefert im Winter (ab und zu) ein kleiner Generator, im Sommer gibt es Solarstrom. Vor der Corona-Pandemie hatte Kylik ein Tourunternehmen, das mit Tourist*innen Ausflüge zum Arktischen Meer und Schlittenhundefahrten unternommen hat. Da die Northwestern Territories aufgrund Corona über ein Jahr ihre Grenze komplett geschlossen hatten, ist das Unternehmen leider pleite gegangen. In dieser Zeit hat Kylik sich ein anderes Konzept überlegt. Da das Leben (vor allem das Heizen der schlecht isolierten Häuser und die importierten Lebensmittel) in Inuvik sehr teuer ist, möchte er gerne ein autarkes Dorf aufbauen, um mehr Menschen zu ermöglichen weiter in Inuvik zu leben. Das Dorf wird vor allem aus bereits weggeworfenen und Materialien aus der Natur gebaut, um die Kosten so gering wie möglich zu halten. Mit der Hilfe von Freiwilligen baut er weitere Hütten und hält das „Dorf- /Camp-Leben“ am Laufen. Auch Tourist*innen können nun wieder einreisen und das Dorf besuchen und so das Leben nördlich des Polarkreises erleben. Den Instagram Kanal vom Okpik Artic Village findet ihr hier. Und auf CBC Gem gibt es einen 45 minütigen Film namens „Okpik: Little Village in the Artic“ über das Projekt. Der Film ist kostenlos, allerdings muss ein Account erstellt werden und es kann sein, dass man einen VPN benötigt, der auf Kanada eingestellt werden muss.
Wir werden dort zusammen mit Kylik, Sofie, voraussichtlich drei weiteren Freiwilligen und einer Horde von 21 Schlittenhunden leben. Unsere Aufgaben sind alles rund ums Camp-Leben. Wasser holen, kochen, Reparaturen, sauber machen, die Hunde versorgen. Da Kylik als Inuit alles jagen darf, werden wir auch jagen gehen und die Beute ausnehmen und zubereiten. Wenn Tourist*innen da sind, sind wir vor allem für diese zuständig und werden mit ihnen die Touren unternehmen. Zur Zeit sind in Inuvik -35 Grad und es gibt vier Sonnenstunden am Tag, die aber natürlich stetig mehr werden. Der Mackenzie River ist momentan zugefroren und wird im Winter als normale Straße genutzt, auf der auch die Straßenverkehrsregeln gelten. Über diesen werden wir dann wahrscheinlich auch mit dem Schneemobil abgeholt (im Sommer hingegen gelangt man nur mit einem Kanu zum Dorf).
Wir freuen uns schon riesig auf diese Herausforderung und sind auch gespannt, wie wir mit der Kälte, dem Leben und Essen dort zu Recht kommen. Es wird mit Sicherheit eine einmalige Erfahrung, die wir in unserem Leben machen werden und genau deswegen haben wir uns auch dazu entschieden aus unserer Komfort-Zone herauszutreten und dieses Abenteuer zu wagen. Auch wenn es am Ende blöd wird (was wir nicht glauben), so werden wir bestimmt auch noch davon erzählen, wenn wir älter sind.
Am 31.01. fliegen wir über Whitehorse nach Inuvik und werden den ganzen Februar dort bleiben. Am 1. März haben wir bereits einen Flug zurück nach Whitehorse gebucht. Da diese Stadt und die Provinz „Yukon“, in der sie liegt auch sehr schön sein soll, dachten wir uns, da könnten wir ja vielleicht auch noch einige Zeit verbringen. Da die Unterkünfte dort auch sehr teuer sind, haben wir geschaut, ob wir dort nicht auch Freiwilligenarbeit bzw. ein Workaway machen können. Über die Plattform workaway kann man Hosts finden, die Freiwillige suchen. Das Prinzip ist ähnlich wie beim Okpik Artic Village, man bekommt kostenlos eine Unterkunft und drei Mahlzeiten am Tag und arbeitet da ca. 4-5 Stunden am Tag an fünf Tagen in der Woche. Dort gibt es Farmen, die Unterstützung brauchen oder auch einfach Privatleute, die gerade ihr Haus renovieren, Hilfe im Garten brauchen oder bei anderen Projekten helfende Hände suchen. Über die Plattform haben wir Karen und Chance gefunden, die ca. 30-45 Minuten entfernt von Whitehorse in Marsh Lake wohnen und dort eine Ziegenfarm betreiben. Die beiden leben auch off-grid, also ohne Stromanschluss, aber sie haben einen Generator, fließend Wasser und Internet – es wird also ein Upgrade zu Inuvik. Ab dem 1. März werden wir uns also nach unserem arktischen Abenteuer noch ein paar Wochen um 60 Ziegen im Yukon kümmern und vielleicht auch mal einen Ausflug nach Alaska machen. Ende März soll es wieder zurück nach Vancouver gehen und Anfang April ist es dann hoffentlich warm genug, um wieder mit Mausi durch die Gegend zu düsen. Diese werden wir die zwei Monate hier in Vancouver lassen. Erst wollten wir einen Parkplatz mieten, dies ging jedoch nicht, weil wir keinen kanadischen Führerschein besitzen. Achja, by the way, wir haben mittlerweile einen Termin bei der Führerscheinstelle in Montreal, Quebéc bekommen für den 11. und 12. März – diesen haben wir wohl gemerkt Anfang Juli letzten Jahres angefragt – naja 6000km und 58h Autofahrt von Whitehorse nach Montréal werden wir uns dann wohl nicht geben und wohl auch nie einen kanadischen Führerschein besitzen). Nun können wir Mausi aber netterweise bei Susanne auf ihrem Grundstück parken und hoffen, dass sie uns ab April wieder gut durch den Westen Kanadas bringt. Sie hat mittlerweile auch einen neuen Auspuff und eine neue Benzinpumpe und braucht hoffentlich nicht noch mehr Neues … für April ist der Plan durchs Okanagan Valley südlich die Rockies zu überqueren, den Waterton National Park zu besuchen und Anfang Mai in Calgary zu sein, um unsere Freunde Kim und Jochen zu empfangen. Zu viert wollen wir durch die Rockies nach Banff und Jasper reisen und den Westen ohne Schnee und hoffentlich wärmeren Temperaturen bereisen. Mal schauen, wie weit wir kommen und was wir noch so sehen möchten, aber gegen Juni – Juli müssen wir uns wohl von Mausi verabschieden und es wird Zeit Richtung Süden und in ein neues Land aufzubrechen. Aber bis dahin haben wir noch einiges vor 😀
PS: Macht euch keine Sorgen, wenn wir uns den Februar über gar nicht melden. Wir gehen nicht davon aus, dass wir dort Handyempfang haben und die Internet Antenne friert leider zwischendurch immer wieder mal ein.
Hallo ihr Zwei,
ich wünsche Euch tolle Erfahrungen. Ich denke an Euch und freue mich, wenn ihr Euch meldet.
Liebe Grüße
Liebe Katja, danke für deine Wünsche! Wir denken auch an dich und melden uns, wenn wir wieder zurück in Vancouver sind 🙂