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BERGE, SEEN, BÄUME UND TRÄUME (DIE WAHR WERDEN)

Es regnet, es ist dunkel, kalt und ungemütlich. Und nein wir sind (noch) nicht wieder in Vancouver. Wir sind an einem unserer Lieblingsorte in Kanada. Insgesamt haben wir hier bereits über drei Monate verbracht und uns in die Gegend verliebt. Dabei hatten wir nie geplant hier her zu kommen. Es war bis Anfang des Jahres noch nicht mal ansatzweise auf unserer Ideen-Liste. Aber doch haben uns irgendwelche glücklichen Umstände und Zufälle hier hochgebracht und wir waren direkt schockverliebt, als wir im März das erste Mal hier waren. Vielleicht kann man es schon ahnen, wovon ich hier spreche. DER Yukon. Richtig. Und ehrlich gesagt, die Tage, wie heute, wo es regnet und ungemütlich ist, gehören hier eher der Seltenheit an. Überwiegend haben wir hier wunderschön sonnige Tage und die Temperaturen halten sich im angenehmen Mitte 20er Bereich (jetzt im Sommer „+“ und im März eher „-“). Einfach perfekt. Aber wieso sind wir schon wieder bzw. immer noch hier? Keine Sorge, wir sind nicht seit März hier. Wir waren zwischendurch auch noch 2,5 Monate wieder auf Tour. Aber irgendwas hat uns dann doch wieder hier hochgezogen. Aber diesmal haben wir, statt das Flugzeug, einfach unsere Mausi genommen, um die weite Strecke zu bewältigen. Es gibt nun wieder viel zu erzählen, denn seit dem letzten Text sind nun wieder 3,5 Monate vergangen. Alles detailliert niederzuschreiben, könnte in etwa genauso lange dauern. Deswegen versuche ich mich, wieder einmal, kurz zu halten. Fangen wir dort an, wo unsere letzte Story endet. In Vancouver. Aha also doch!? Doch wieder Vancouver! Ja! Schließlich haben wir Mausi dort zwei Monate stehen lassen, um unser Winterabenteuer im Norden zu erleben.

Vancouver die II.

Mittlerweile ist der Frühling in vollem Gange und wir genießen, das sonst so regnerische und graue Vancouver nun auch endlich mal im Sonnenschein und mit warmen Temperaturen. Nach -20 bis -40°C fühlt sich natürlich auch alles ab 0° schon irgendwie warm an, aber wir haben tatsächlich viele schöne Frühlingstage mit angenehmen „kurze Hose“ Temperaturen. Daher können wir nun auch Vancouver mal von der Seite sehen, von der immer alle schwärmen. Es ist schon schön, wenn man mit dem Fahrrad durch den Stanley Park fährt, außen auf der „Sea Wall“ entlang und am Ende des Tages am English Bay Beach im Sand sitzt mit Sushi und einem Kaltgetränk auf dem Schoß und der Sonne dabei zu sieht, wie sie langsam hinter der Silhouette von Vancouver Island am Horizont verschwindet. Wir erwarten, mit großer Vorfreude, unsere Freunde Kim und Jochen. Sie kommen uns besuchen und wollen mit uns und Mausi für vier Wochen das Land erkunden. Naja das Land… sagen wir mal einen klitzekleinen Teil von diesem unglaublich großen Land. Aber dennoch einen wunderschönen Teil! Wir haben das Glück zu diesem Zeitpunkt alleine und kostenlos in einem großen Haus in West Vancouver zu wohnen. Wieder einmal wird uns bewusst, wie unbezahlbar es ist, wenn man einfach nur die richtigen Menschen kennenlernt. Das Haus ist für die ersten gemeinsamen 5 Tage in Vancouver ein super Ausgangspunkt, um die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Gleich am ersten Tag von Kim und Jochen in Kanada, machen wir uns auf, um auch uns einen großen Traum zu erfüllen. Wir sind auf dem Weg nach Granville Island, um von dort aus, mit einem kleinen Zodiac Boot, rauszufahren. Wir wollen Vögel und Robben sehen. Achja und natürlich auch Orcas. Wir machen tatsächlich unsere zweite Whale Watching Tour in Kanada. Nachdem wir in Tadoussac, im Osten Kanadas, schon so ein wahnsinniges Glück gehabt haben mit dem Buckelwal, der direkt neben unserem Boot aufgetaucht ist, hoffen wir heute einfach drauf, Orcas aus der Ferne beobachten zu können. Angezogen wie Teletubbies besteigen wir das kleine Zodiac, das für gerade einmal 12 Passagiere Platz bietet. Von der Marina, auf Granville Island, geht es durch einen kleinen Kanal raus in die English Bay. Es ist leicht bewölkt und das Wasser nahezu spiegelglatt in dem die Sonne glitzert, die immer wieder durch die Wolken bricht. Was für tolle Bedingungen um diese Tour zu machen. Bei dem Blick vom Wasser auf die Skyline von Vancouver, mit dem Stanley Park, der Lions Gate Bridge und den Bergen im Hintergrund, denken wir nach wenigen Minuten bereits, dass sich die Tour jetzt schon gelohnt hat. Dennoch wollen wir natürlich nicht vergessen, wieso wir hier rausgekommen sind und vor allem eine ganze Stange Geld bezahlt haben. Wir wollen diese schwarz-weißen wunderschönen und unglaublich intelligenten Tiere sehen. Spätestens seit „Free Willy“ ein riesengroßer Traum von mir. Bevor wir nach Kanada aufgebrochen sind, haben uns viele Menschen gefragt, was wir denn alles unbedingt machen und sehen wollen. Unsere Antwort war stets „Keine Ahnung, wir lassen das alles einfach auf uns zukommen. Aber was wir unbedingt sehen wollen, sind Orcas!“ Richtig, wir hatten überhaupt kein Plan oder Ideen, was genau wir hier in Kanada machen oder sehen wollen. Aber was wir von Anfang an wussten, war, dass wir Orcas sehen wollen. Und heute sollte unsere Chance sein. Wie aufregend. Wie immer auf solchen Wildlife Touren kann uns niemand versprechen, dass wir auch welche sehen werden. Daher hat man diesen gewissen Nervenkitzel bzw. die Aufregung in sich, ob heute einer dieser Tage sein wird, an dem ein Traum in Erfüllung geht. Nachdem wir an bereits zwei Spots Ausschau gehalten haben, an denen kurz vorher noch Orcas gesichtet wurden, und da nichts zu sehen war, steigt unsere Sorge, heute keine mehr zu sehen. Aber dann, zwischen Bowen Island und Vancouver Island, sehen wir in weiter Ferne die ersten Wasserfontänen. Und dann die erste Rückenflosse und die nächste und nächste. WOW! Da sind sie tatsächlich, die Orcas! Es ist ein wahnsinniges Gefühl, diese Tiere das erste Mal in freier Wildbahn zu sehen! Und nein, wir haben vorher auch noch nie einen Orca in Gefangenschaft gesehen. Bitte macht das nicht! Es ist der blanke Horror für diese Tiere und jeder Besuch in einem Aquarium unterstützt die Tierquälerei. Solltet ihr das Verlangen haben, mal eine solche Einrichtung wie z.B. SeaWorld zu besuchen, schaut euch vorher gerne die Dokumentation „Blackfish“ an. Sorry für diesen kurzen emotionalen Einschub, aber es muss an dieser Stelle einfach mal gesagt sein, dass wir aufhören müssen Tiere aus ihrem natürlichen Lebensraum zu entreißen, um sie zu unserer reinen Belustigung einzusperren. Dazu gehören alle Einrichtungen wie Zoos und Aquarien. Und jaaa auch Whale Watching Touren kann man sehr kritisch sehen. Wir haben bis jetzt immer zugesehen, dass wir unsere Touren bei Unternehmen buchen, die für uns am ehesten moralisch vertretbar sind. Dazu gehört für uns, dass sie nicht unnötig nah an die Wale ranfahren und somit stressen und sich auch in Forschung und Aufklärung engagieren. Klar ist das Ganze ein unnötiger CO2 Ausstoß und jedes motorisierte Gefährt im Wasser macht Lärm, was die Wale auch in großer Entfernung stressen kann usw. Aber unserer Meinung nach können solche Touren dafür sorgen, dass Menschen bewusst gemacht wird, wie schützenswert die Tierwelt ist. Tut mir leid, diese Diskussion kann man nun bis ins unendliche führen. Es sei an dieser Stelle nur gesagt, dass jeder einen kleinen Teil zum großen Ganzen beitragen kann und niemand zu 100% perfekt ist in seinem Verhalten.

So, genug Moral gepredigt, zurück zu unserem Abenteuer. Vorsichtig nähern wir uns also den Orcas an. Wie bereits gesagt, halten wir aber dabei immer einen guten Abstand ein und in der Nähe der Wale wird der Motor ausgeschaltet, um die Geräuschkulisse zu minimieren. So treiben wir da im Wasser und beobachten die Gruppe Orcas, auch genannt Schule oder Pods. Und dann, nach und nach, tauchen immer mehr von ihnen auf. Man hört immer wieder das „Pfff“ wenn sie die Wasserfontäne hoch in die Luft schießen. Vor dem Hintergrund der schneebedeckten Berge ist es ein magischer Anblick. Wir können an diesem Tag mehrere Pods mit insgesamt 9 Orcas beobachten. Auch ein wenige Monate altes Baby ist dabei, dass immer an der Rückenflosse seiner Mama namens „Tyndall“ hängt. Und dann kommt es auf einmal wieder zu einem dieser unfassbar magischen Momente. Wir treiben mit abgeschaltetem Motor da vor der Küste rum und beobachten die Orcas um uns herum, als plötzlich genau neben uns einer auftaucht. Er schwimmt nur wenige Meter vor unserem Bug entlang und im Schlepptau weitere Orcas inklusive des Babys. Wow, wow, wow. Unglaublich! Unser Traum ist mehr als nur in Erfüllung gegangen. Im weiteren Verlauf dieser mehrstündigen Bootstour sollten wir auch noch das Glück haben, dutzende Robben auf einer kleinen Mini-Insel beobachten zu können. So wie auch drei große Seelöwen, die sich auf einem kleinen privaten Bootsanleger um den besten Platz streiten. Und als ob das alles noch nicht genug ist, sehen wir auf unserem Rückweg noch 2 Buckelwale, ganz in der Nähe der Küste. Wenn sich eine Bootstour mal gelohnt hat, dann diese. Selbst unser Guide ist begeistert von der Ausbeute der letzten Stunde und erzählt uns, dass Tage wie diese auch für sie sehr selten sind. Mit all diesen Eindrücken, die wir kaum verarbeiten können, machen wir uns auf den Rückweg zur Marina. Unseren Abend lassen wir in einer typisch nordamerikanischen Sportsbar ausklingen und können mit zig anderen „Vancouver Canucks“ Fans den Erfolg der Canucks feiern, die sich an diesem Abend in die nächste Runde des Stanley Cups (quasi die Meisterschaft im Eishockey) gekämpft haben. 

Die folgenden paar Tage verbringen wir damit, die Stadt und die Umgebung weiter zu erkunden. Hier mal durch die Straßen schlendern, dort ein Spaziergang am Ufer oder eine Fahrradtour durch den Stanley Park. Wir besuchen sogar ein Fußballspiel der Vancouver Whitecaps und laufen beim traditionellen Fanmarsch mit. Dieser findet immer vor dem Heimspiel statt. Die Fans treffen sich alle in einer Stammkneipe auf der Granville St. und marschieren dann gemeinsam mit vielen Flaggen und Gesängen die Straße zum Stadion runter. Ist mal ein Erlebnis dabei zu sein. Das Spiel selbst ist, nach europäischem Standard, wohl eher so 3. Liga Niveau, aber wir sind ja schließlich auch in Kanada, dem Land des Eishockeys. Nach den wundervollen gemeinsamen Tagen in Vancouver, heißt es dann auch schon für uns „Abfahrt“. Wir räumen alles in Mausi ein und fahren nun endlich wieder los. Ach wie lange haben wir darauf nun schon wieder gewartet. Endlich wieder dieses Freiheitsgefühl zu bekommen und mit Mausi loszufahren, auf ins nächste Abenteuer. Unser nächstes größeres Etappenziel heißt:

Das Okanagan Valley

Da wir nicht gleich am ersten Tag eine ewig lange Strecke fahren wollen, beschließen wir irgendwo auf der Strecke zu übernachten. Uns wurde der „Manning Park“ empfohlen, aber wir stellen mit Schrecken fest, dass dort noch in der Nacht deutliche Minustemperaturen erwartet werden. Und das Anfang Mai. Daher beschließen wir kurz davor zu übernachten, wo es zu mindestens nicht unter die 0° fallen soll, und am nächsten Tag dem Manning Park einen Besuch abzustatten. Wir müssen uns nun am Anfang auch erstmal wieder so zu viert in unserem kleinen Van neu arrangieren, genießen dann aber unseren ersten Abend am Lagerfeuer gleich neben einem superschönen See. Wir haben den Luxus eines großen Hauses mit vier Badezimmern jetzt eingetauscht gegen den Luxus des Freiheitsgefühls mit einem Plumpsklo. Fragt man uns aber, was wir jetzt gerade bevorzugen, dann ist es das. Was gibt es schöneres, als mit guten Freunden ein Abenteuer zu erleben und abends gemeinsam am Lagerfeuer zu sitzen? Herrlich!

Am nächsten Tag, im Manning Park, machen wir eine kurze Wanderung um den Lightning Lake herum. Tatsächlich ist die Wanderung anstrengender als wir gedacht haben. Nicht etwa wegen einer extremen Steigung oder der Länge, sondern wegen den Bedingungen auf dem Wanderweg. Der Großteil des Weges ist immer noch mit Schnee bedeckt und macht es so viel anstrengender dort zu laufen. Es sollte aber auch nicht das letzte Mal sein, dass wir überrascht sind von gewissen Wetterbedingungen zu dieser Jahreszeit. Die Wanderung bringt uns an einige Stellen an dem See, an den man diese typischen Postkartenmotive sehen kann. Ein grünlich blauer See, umgeben von Nadelbäumen und im Hintergrund erheben sich von Schnee bedeckte felsige Berge. Das sind diese Bilder, die man immer von Kanada sieht und nun stehen wir hier und bestaunen das mit unseren eigenen Augen. Wir freuen uns, dieses Erlebnis mit Kim und Jochen teilen zu dürfen. Nach der Wanderung machen wir uns auf, um es heute noch ins Okanagan Valley, in den kleinen Ort „Summerland“ zu schaffen.

Dort wohnt nämlich Anke, die Schwester von Susanne aus Vancouver. Diese hat uns angeboten ein paar Tage bei ihr zu bleiben. Wir können mit unserem Van vor ihrem Haus stehen und Kim und Jochen dürfen sogar in ihrem Wohnwagen schlafen, der mehr Komfort bietet als das Zelt, dass wir für die beiden dabeihaben. Anke ist auch wieder einer dieser wundervollen Menschen, die wir auf unserer Reise kennenlernen dürfen. Sie wohnt zusammen mit ihrem Mann James und deren Kindern hier in Summerland und begrüßt uns mit offenen Armen. Diese Gastfreundschaft ist so großartig und wir nehmen uns fest vor, diese Mentalität im Herzen zu behalten und später auch mal ein offenes Haus für alle Menschen zu bieten. Das Okanagan Valley bietet eine gewisse Faszination. Denn eingebettet zwischen typisch kanadischen „Rocky Mountain Landschaften“ liegt dieses Tal, dass sich etwa 175 Kilometer von der US-Grenze nach Norden erstreckt. Die Landschaft hier ist sehr mediterran und erinnert, auch durch die großen Seen, an Landschaften wie am Garda See in Italien. Die unzähligen Weingüter und Obstplantagen verstärken diesen Eindruck nochmal. Es ist wieder so, dass sich die Landschaft von jetzt auf gleich so dramatisch ändert, dass man es kaum glauben mag. Am südlichen Ende des Valleys befindet sich, in der Nähe von Osoyoos, die einzige heiße Wüste Canadas. Die Tage fühlen sich, auch durch eine vorherrschende Hitzewelle, an wie ein kurzer Sommerurlaub. Wir leiden schon fast unter der Hitze, aber sollten uns bald schon danach zurücksehnen. Eine Fahrradtour entlang einer stillgelegten Bahntrasse und einem leckeren Bierchen in einer Brauerei inmitten der Weinfelder lässt uns das Okanagan Feeling noch besser spüren. Ein kurzer Sprung in den See darf natürlich auch nicht fehlen, auch wenn der eisig kalt ist.

Durch unseren Aufenthalt bei Anke lernen wir auch ihren Mann James kennen, der als „Conservation Officer“ arbeitet. Seine Aufgabe besteht darin, den Umweltschutz und den Schutz der natürlichen Ressourcen sicherzustellen. Das deutsche Pendant dazu ist wohl so etwas wie ein Förster. Nur dass die Conservation Officer hier noch viel mehr Befugnisse haben und so z.B. auch Menschen festnehmen dürfen etc.. Durch seinen Job hat er einige spannende Geschichten und Fakten über die Umgebung zu erzählen, den wir gerne lauschen, wenn wir abends gemeinsam vor dem Fernseher sitzen und die Stanley Cup Playoff Spiele schauen. Anke erzählt uns auch davon, wie sie vor ein paar Jahren mal ihr Haus verlassen mussten, weil ein Waldbrand der Ortschaft, in der sie damals noch gewohnt haben, gefährlich nah gekommen ist. Es ist erschreckend diese Evakuierung mal aus erster Hand zu hören und macht uns nochmal bewusst, wie zerstörend und furchtbar die Waldbrände sind.

An einem dieser Abende sehen wir bereits in den Nachrichten, dass es am Abend zu starken Polarlichtern über einem Großteil Kanadas kommen kann. Wie jetzt? Polarlichter hier im Süden? Im Sommer? Noch sind wir skeptisch. Aber dann am Abend, als Jochen vor die Tür geht sagt er auf einmal ganz trocken „Ich glaube da sieht man was“. Und tatsächlich. Erst ist es ein leichter grüner Schimmer und später leuchtet der ganze Himmel in grünen, blauen, lila, roten und rosa Farbtönen. Obwohl wir hier mitten in einer Ortschaft sind und Lichter um uns herum, kann man sie so klar und deutlich sehen. Sie erstrecken sich tatsächlich über den ganzen Himmel und sind nochmal wieder ganz anders als die, die wir oben in Inuvik gesehen haben. Vor allem ist es ein anderes Erlebnis, die Polarlichter in kurzer Hose und T-Shirt beobachten zu können.

 

Am 12. Mai verabschieden wir uns, schweren Herzens, von Anke und James und fahren weiter Richtung Osten durch die:

Southern Canadian Rockies

Unser Weg führt uns über den Highway 6 auf und ab durch die südlichen kanadischen Rocky Mountains. Vorbei geht es an traumhaften Seen, Bergen und Wäldern. Auf der Route müssen wir zweimal mit einer Fähre übersetzen und genießen die Aussicht von der Fähre auf den Kootenay Lake. Es ist immer wieder faszinierend, wie klein diese Seen auf der Karte aussehen und dann in Wahrheit enorm groß sind. Wir kommen durch wunderbare Kleinstädte wie das alternative Nelson mit seinen vielen kleinen Cafés, Restaurants und Pubs oder das von einer faszinierenden Bergkulisse umgebene Fernie. Und bei Big Bang Bagels in Fernie essen wir den wohl besten Bagel Kanadas. Nach mehreren Tagen Fahrt durch die Rockies überqueren wir die Grenze nach Alberta. Kurz dahinter schauen wir uns den „Frank Slide“ an. Hier ereignete sich 1903 ein Bergsturz, der eine kleine Siedlung und damit etwa 70 Personen, unter sich begrub. Bis heute kann man dieses riesige Geröllfeld sehen. Es erstreckt sich von dem einen Berghang über das ganze Tal bis zum gegenüberliegenden Berghang. Ein Zeugnis purer Naturgewalt. Kurz darauf, auf der Strecke nach Pincher Creek, machen wir einen kurzen Halt an einem Aussichtspunkt und ja was soll ich sagen. Der Ausblick verschlägt uns den Atem. Er treibt einigen von uns sogar die Tränen in die Augen. Es ist einfach, mal wieder, so wunderschön. Wir stehen leicht erhöht und gucken hinab auf grünes flaches Land mit vereinzelten kleinen Nadelwäldern. Dazwischen einige Bauernhöfe und die Bahntrasse, die sich durch das Tal schlängelt. Am Ende dieser grünen Freifläche erheben sich, wie aus dem nichts, diese typischen massiven, grauen, steilen, felsigen Berge, die zum großen Teil noch mit Schnee bedeckt sind.

Ein kurzes Stück weiter lassen wir dann auch schon die Berge hinter uns und befinden uns plötzlich in der Prärie Albertas. Von der Bergkulisse zum Flachland innerhalb von nur wenigen Kilometern. So faszinierend. Wir bleiben zwei Nächte in einem, naja nennen wir es „einfachen“, Motel in Pincher Creek. Dies ist ein guter Ausgangspunkt zum Head-Smashed-In Buffalo Jump. Ein Museum, bei dem es um eine ganz spezielle Jagdmethode der Indigenen Völker dieser Region geht, die unter anderen genau dort praktiziert wurde. Dabei wurden ganz Herden von Buffalos (Bisons) mittels einer genau geplanten und jahrelangen perfektionierten Technik über eine Klippe gejagt, um sie durch den Sturz zu töten. Was sehr grausam klingt, ist es wahrscheinlich auch. Aber diese Jagd wurde meistens nur einmal im Jahr durchgeführt und hat den Völkern der Umgebung Nahrung und Materialien für viele Monate verschafft. Es gab zu der Zeit noch tausende freilebende Bisons in Nordamerika. Erst durch die Kolonialisierung der Europäer und die Einfuhr von Schusswaffen wurde die Anzahl der wilden Bisons in Nordamerika nahezu auf Null reduziert. Die Ausstellung bringt uns das Leben der Indigenen Völker, in dieser Gegend, vor allem die Blackfoot, näher und wir bekommen sogar die Chance mit einem alten Stammesoberhaupt zu sprechen. Er stellt sich uns als „kleine Feder“ vor. Und als er herausfindet, dass wir aus Deutschland sind, beweist er uns auch noch seine Deutschkenntnisse. Mit großem Vergnügen erzählt er uns von seinem Leben und dem seiner Vorfahren. Solche Begegnungen sind so wertvoll und wir genießen es sehr, diese Information aus erster Hand zu bekommen. Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man mit einem lebendigen Geschichtsbuch sprechen.

Pincher Creek ist für uns aber auch noch Ausgangspunkt zu einem weiteren großen Ziel, dem:

Waterton Lakes National Park

Gelegen im Süden von Alberta grenzt dieser Nationalpark an die Grenze zu den USA, bzw. geht dann, auf US Seite, über in den Glacier National Park. Es ist sogar möglich auf einigen Wanderwegen die Grenze zu Fuß zu überqueren. Die Anfahrt dorthin könnte spektakulärer kaum sein. Von Pincher Creek aus fahren wir etwa 50km Richtung Süden. Es geht durch eine leicht hügelige aber vorwiegend flache Landschaft. Links und rechts erstrecken sich grüne Wiesen und Weiden. Bei gutem Wetter kann man bereits von Pincher Creek aus die Berge vom Waterton National Park am Horizont sehen. Wieder sind es diese steilen, grauen, felsigen, schneebedeckten Berge. Umso mehr wir uns dem Park nähern, desto größer werden die Berge. Es ist faszinierend, wie extrem sich die Landschaft dann wieder ändert. Wirklich wie aus dem nichts steigt hinter dieser grünen Wiese dieses Bergmassiv auf. Irgendwann befinden wir uns dann mittendrin zwischen diesen Felswänden, wo sich die Straße am Berghang entlang schlängelt. Nach einer Weile bemerken wir, dass die Wälder hier sehr gespenstisch aussehen. Dies liegt an einem riesigen Waldbrand, dass 2017 große Teile vom Nationalpark zerstört hat. Es ist ein trauriger und fürchterlicher Anblick. Statt wunderschönen grünen und lebhaften Bäumen stehen überall nur schwarze, graue und tote Stämme herum. Wir haben bereits Waldbrandgebiete aus der Nähe gesehen, aber die Größe und Ausbreitung hier übertrifft nochmal alles. Und wieder einmal wird uns bewusst, wie wir, die Menschheit, die Natur negativ beeinflusst. Klar gab es Waldbrände auch schon vor dem Klimawandel und lange vor dem Menschen und es gehört auch teilweise zum natürlichen Kreislauf eines Waldes, weil er sich so einmal komplett regenerieren kann, aber in der Häufigkeit und Intensität wie heutzutage ist es ein menschengemachtes Problem. Den Regenerationsprozess können wir aber auch hier im Park sehr gut sehen, denn zwischen den verbrannten, schwarzen Stämmen stehen tatsächlich schon wieder kleine, etwa 1-1,5m hohe knallgrüne Nadelbäume. Schön zu sehen, dass sich die Natur irgendwann von sowas wieder erholen kann.

Immer Ausschau haltend nach Bären, fahren wir mit Mausi die Berge rauf und runter. Es geht zum Red Rock Canyon, der mit den knallroten Felswänden aus der Landschaft heraussticht. Anschließend fahren wir noch über den, erst wenige Tage vorher wieder geöffneten, Akamina Pass zum Cameron Lake. Wieso der Pass noch geschlossen war? Na, wegen Eis und Schnee, ist doch klar so Mitte/Ende Mai. Das ist wieder einer dieser Momente, an denen wir blauäugig die Jahreszeiten in den Rocky Mountains unterschätzt haben. Und der Cameron See, unser Ziel am Ende des Akamina Passes, ist tatsächlich auch noch gefroren. Spoiler Alarm: Es wird nicht der letzte gefrorene See sein, den wir auf unserer Tour besuchen. Die Aussicht hier an dem Cameron Lake ist, wieder einmal, spektakulär. Umgeben von hohen schneebedeckten Gebirgsketten, fühlt es sich an, als würde man in einem Krater stehen. Die Fahrt hierher ist wieder ziemlich anspruchsvoll für unsere kleine alte Mausi, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Und auf der Rückfahrt werden wir dann nochmal auf eine ganz besondere Art belohnt. Jochen, der hinten sitzt, kündigt an, jetzt ganz besonders nach Bären Ausschau zu halten. Denn mal ganz ehrlich, was wäre es für eine Kanada Reise durch die Rocky Mountains, ohne einen Bären zu sehen? Lara und ich haben schon Sorge, dass wir nach über einem Jahr Kanada verlassen werden, ohne überhaupt einen Bären gesehen zu haben. Wir sind jetzt schon 11 Monate in Kanada und haben noch keinen gesehen. Das kann doch nicht sein. Wir fahren also die enge, kurvenreiche Straße des Akamina Passes zurück Richtung Waterton Town, der kleinen Stadt hier im Nationalpark. Im Rückspiegel sehe ich Jochen, wie er die ganze Fahrt über aus dem Fenster starrt. Und dann schreit er auf einmal auf: „Da unten war ein Bär!“. Wie was? Vor lauter Schreck vergesse ich fast, wie Autofahren funktioniert und muss mich darauf konzentrieren, nicht vor lauter Aufregung den Hang runterzufahren. Sollte das nun der Moment sein, auf den wir 11 Monate gewartet haben? Wie es der Zufall so will, kommt wenige Sekunden nach Jochens Aufschrei eine Haltebucht auf unserer Straßenseite. Ich halte sofort an, wir steigen aus dem Auto und laufen etwa 50 Meter die Straße zurück. Und tatsächlich. Da unten, etwa 100m von uns entfernt steht ein Grizzly. Oh mein Gott. Es ist also tatsächlich möglich, diese Tiere in freier Wildbahn zu sehen. Zwischen dem Grizzly und uns liegt ein sehr steiler Hang und eine gute Distanz, weswegen wir uns relativ sicher fühlen, wo wir stehen. Ein süßer, flauschiger und potenziell tödlicher Teddybär steht also da unten zwischen den Bäumen, sucht nach etwas Essbarem zwischen den Gräsern und macht einfach so sein Bärending. Um ehrlich zu sein, sind wir alle ganz schön aufgeregt. Meine Beine fühlen sich wackelig an und mein Puls ist irgendwo jenseits der 180. Es ist aber keine Angst, sondern eher dieses wahnsinnige Glücksgefühl, dass man die Chance bekommt ein solches Tier in freier Wildbahn sehen zu können. Ich kann es gar nicht beschreiben, was man in diesem Moment fühlt. Es ist eine pure Freude, die sich im Körper ausbreitet. Eine Faszination für diese wunderbare Tierwelt. Wir sind so glücklich, dass wir den Bären nicht nur einfach kurz sehen, sondern dass wir ihn für eine Weile beobachten können. Er scheint sich auch überhaupt nicht für uns zu interessieren. Ab und zu guckt er mal hoch, aber beschäftigt sich dann auch schnell wieder mit der Nahrungsaufnahme. Dadurch, dass wir dort hinter der Leitplanke am Hang stehen und Mausi etwas weiter weg geparkt ist, ziehen wir auch die Aufmerksamkeit anderer Reisenden auf uns. Zwei weitere Autos halten an und die Insassen kommen zu uns gelaufen. Irgendwann wird es uns dann zu voll dort und wir entscheiden uns dazu, wieder zurück zum Auto zu gehen und weiterzufahren. Was für ein Erlebnis. Was haben wir bitte für ein Glück?! Wahnsinn! Wir hoffen sehr, dass dies nicht unsere letzte Bärensichtung sein wird.

Völlig platt von den ganzen Eindrücken, fahren wir dann nach Waterton Town. Kim und Jochen bleiben hier zwei Nächte in einem Hotel, während Lara und ich mit Mausi auf den im Ort befindlichen Campingplatz gehen. Wir beschließen am nächsten Morgen eine größere Wanderung zu machen. Wir wollen zum Bertha Lake. Diese 10km lange Wanderung führt uns erst entlang des Waterton Lakes, vorbei an den Bertha Falls und dann einen steilen, teils anspruchsvollen, Berg hinauf. Aber ganz so weit sollten wir gar nicht kommen. Nachdem wir ein kurzes Stück den Anstieg nach den Bertha Falls gemeistert haben, entdeckt Kim einen Bären. Klar wollen wir noch weitere Bären sehen, aber so beim Wandern, ohne jeglichen Schutz? Eher nicht so! Dieser Bär ist aber auch wieder weit von uns entfernt. Sogar noch deutlich weiter als der Grizzly gestern. Es ist diesmal ein Schwarzbär und aus der Entfernung haben wir ihn auch erst für einen Baumstumpf gehalten. Zwischen ihm und uns liegt nicht nur eine große Distanz, sondern auch eine Art kleines Tal. Es ist wieder so spannend den Bären dort so lange beobachten zu können, wie er einfach wieder so sein Bärending macht. Kim und Jochen stufen die Bärensichtung als Gefahr für sich ein und beschließen hier wieder umzukehren und zurück zum Startpunkt der Wanderung zu gehen. Lara und ich hingegen, beurteilen die Situation so, dass von diesem Bären keine Gefahr für uns ausgeht. Es beurteilt halt jeder ein Risiko anders und das ist auch völlig okay. Lara und ich sind uns dennoch nicht ganz eins, ob wir nun zu zweit weitergehen oder zusammen mit den anderen Beiden wieder umkehren. Wir diskutieren kurz und entschließen uns letztendlich dazu, unseren Weg noch weiter fortzuführen. Leider bekommen wir in dem Moment zu spät mit, dass Kim und Jochen bereits umkehren und zurückgehen. Wir rufen ihnen hinterher, dass wir noch weiter gehen und hoffen einfach drauf, dass sie es gehört haben. Dem ist aber nicht so. Wie sich später herausstellen sollte, haben sie weder unsere Rufe noch unsere Diskussion gehört. Als sie feststellen, dass wir nicht hinterherkommen, warten sie, etwas weiter unten, 20 Minuten auf uns, weil sie denken wir würden hinterherkommen. Lara und ich haben bei dieser Wanderung einen ganz klaren Fehler in der Kommunikation gemacht. Wir hätten die Beiden darüber informieren müssen, dass wir noch weiter gehen. Wir ziehen auf jeden Fall für uns eine klare Lehre aus dieser Wanderung und versprechen später, dass das in Zukunft nicht noch einmal passieren wird! Wir kommen allerdings auch nicht mehr so weit. Nachdem wir uns ein paar Serpentinen den Berg hinauf gekämpft haben, werden die Bedingungen auf dem Weg immer schlechter. Es liegt immer mehr Schnee und Eis auf dem sowieso schon schmalen Weg am Hang. Wir merken, dass es nach jeder Kurve schlimmer wird und wir noch einen weiten Weg nach oben haben. Es wird also nicht besser. Daher beschließen wir uns dann auch irgendwann für die Umkehr. Wir sollten hier besser nichts riskieren.

Zurück im Ort, treffen wir uns mit Kim und Jochen in einem Café. Wir sprechen nochmal über die Situation beim Wandern und entschuldigen uns für unser Verhalten dort. Nachdem die Wogen wieder geglättet sind, beschließen wir den restlichen Tag einfach eine kleinere Wanderung am See entlang zum „Prince of Whales“ Hotel zu unternehmen. Das 1927 erbaute Hotel besticht durch ein Fachwerk ähnlichen Baustil und vor allem seinem Interieur. Es thront auf einem Hügel, von dem man über den See und die Ortschaft blicken kann. Auf der Wanderung haben wir tatsächlich auch schon wieder eine Wildlife Sichtung. Nein, diesmal ist es kein Bär, sondern ein Fuchs. Ein ziemlich großer Fuchs, der auf einmal dort wenige Meter vor uns auf dem Weg steht. Irgendwie ist der auch gar nicht so rot gefärbt, wie es Füchse doch sonst sind. Naja das könnte wohl auch daran liegen, dass es kein Fuchs ist. Sondern, so wie wir später am Abend herausfinden, ein Kojote. Sozusagen der kleine Bruder des Wolfes. Ups.

 

Am nächsten Morgen geht unser Roadtrip dann auch schon wieder weiter. Bevor wir uns allerdings aufmachen, wollen wir noch eine weitere kleine Wanderung unternehmen, den „Bear´s Hump“. Diese kurze 3km Wanderung hat es durch den Anstieg von 225 Metern doch ganz schön in sich. Die Aussicht belohnt uns jedoch für unsere Strapazen. In die eine Richtung blickt man auf das flache Land von Alberte und in die andere Richtung blickt man über den Ort auf den Waterton Lake, der von diesen phänomenalen Bergen umgeben ist. Wahnsinn, wie schön es ist. Durch das regnerische Wetter und die tiefhängenden Wolken wirkt es noch mystischer, als es eh schon ist. Trotz des Namens sehen wir hier auf dem Bärenbuckel keine weiteren Bären. Das ist auch gut so, denn hier möchte man wirklich keinem Bären begegnen. Nur eine paar „Bighorn Sheeps“ liegen neben dem Weg und begutachten die Menschen, die sich den Berg hinauf kämpfen. Wir kommen zurück zum Auto und starten unsere bisher längste Tagestour auf der Reise. Es geht 350km nach Norden in die Kleinstadt

Canmore

Canmore liegt vor den Toren des weltberühmten Nationalparks „Banff“. Die Umgebung von Canmore erinnert uns etwas an Fernie, nur spektakulärer. Die Berge sind noch höher und massiver. Die Stadt selbst hat irgendwie ihren ganz eigenen Charme und gefällt uns sehr gut. Man könnte sogar sagen, dass es eine unsere Lieblingsstädte in Kanada werden könnte. Wieso? Können wir nicht genau sagen. Irgendwas hat diese Stadt, was uns begeistert. Da die Temperaturen hier nachts wieder teilweise unter die 0° Marke fallen (und ich erspare euch jetzt wieder dieses „Mitte/Ende Mai“ Thema), entscheiden wir uns dazu, für zwei Nächte wieder in ein Motel zu ziehen. Wir genießen abends vor Allem den Outdoor-Whirlpool, von dem man einen großartigen Blick auf die Berge hat. Ach, was für ein hartes Backpackerleben. Canmore sollte für uns der Ausgangspunkt sein, um den Banff Nationalpark zu erkunden. Leider spielt das Wetter nicht so ganz mit und durch die Lawinengefahr auf vielen Wanderwegen vertreiben wir uns die Zeit hauptsächlich in Banff Town und Canmore. Banff Town ist ganz nett, aber auch sehr touristisch. Und die Hochsaison hat noch nicht einmal begonnen. 

 

Nach den zwei Nächten in Canmore geht es für uns dann auch schon wieder weiter durch den

Banff National Park

Durch die bereits erwähnte Lawinengefahr und dadurch, dass noch vieles geschlossen ist, können wir den Park hauptsächlich nur von der Straße aus erkunden. Der Trans-Canada-Highway führt mitten durch den Park und bietet spektakuläre Aussichten auf den ältesten Nationalpark Kanadas. Eine Hauptattraktion wollen wir uns aber dabei nicht entgehen lassen, den Lake Louise. Dieser strahlend türkise See mit der beeindruckenden Bergkulisse, den man von den typischen Kanada Fotos kennt. Angekommen dort oben, wieder eine kleine Ernüchterung. Auch dieser See ist noch zum großen Teil zugefroren. Trotzdem bietet sich aber eine wunderschöne Aussicht und durch die Eisschicht auf dem Wasser, wirkt es irgendwie nochmal ganz speziell. Durch die schlechten Bedingungen auf den Wanderwegen, die man rund um den Lake Louise bestreiten kann, bleibt uns nur der Weg übrig, der direkt am Seeufer entlang verläuft. Um aber wegzukommen von den Massen an Touris die am Steg direkt vorne am See stehen, um Fotos zu machen, beschließen wir dann den Uferweg entlangzuwandern… naja spazieren. Es ist trotzdem ein sehr schöner Weg und die geänderte Perspektive bietet wieder ganz neue spektakuläre Blick auf den See und die Berge.

 

Wir lassen den Lake Louise hinter uns und machen uns auf, unsere nächste Etappe zu bestreiten. Den

Icefields Parkway

Ja was soll man über diese Straße sagen. Ich könnte jetzt wieder mit Superlativen um mich schmeißen, aber versuche mich kurz zu halten. Es ist, auf Grund der spektakulären Landschaft, eine der szenenreichsten und atemberaubendsten Strecken, die wir hier in Kanada, nein in unserem bisherigen Leben, gefahren sind. Die 233km lange Strecke führt vom Lake Louise bis zur Stadt Jasper im Jasper Nationalpark. Die Panoramastraße windet sich entlang der Bergketten der Rocky Mountains, vorbei an unzähligen wunderschönen Seen, Wasserfällen und Ausblicken, die uns den Atem rauben. Kaum eine Straße in Kanada hat uns bisher so viel geboten, wie diese. Auch was das Tierreich angeht. Denn auf dem Icefields Parkway sehen wir wieder einen Bären, und wieder, und wieder, und wieder, und wieder….. Aus unser anfänglichen Sorge, in Kanada keine Bären zu sehen, wird jetzt mindestens eine Bärensichtung am Tag. Zu dieser Jahreszeit suchen sie vor allem neben dem Highway nach Nahrung, da dort im Frühjahr viele Beeren und leckere Pflanzen wachsen. Dadurch bekommen wir die Chance die Bären aus nächster Nähe zu beobachten. Teilweise sind sie nur wenige Meter von uns entfernt. Wir sitzen aber jetzt immer im geschützten Auto und können das Erlebnis aus sicherer Umgebung genießen. Wir sehen hier fast ausschließlich Schwarzbären. Die Population der Schwarzbären ist, hingegen der Grizzlys, um einiges größer und somit ist die Wahrscheinlichkeit auch höher einen Schwarzbären zu sehen. Bei unseren ersten Bärensichtungen hier auf dem Icefields Parkway sind wir immer noch sehr aufgeregt und unser Puls steigt. Man muss aber ehrlicherweise sagen, und vielleicht mag es ein bisschen arrogant klingen, dass wenn man täglich 1-3 Bären sieht, die Aufregung dann doch von Mal zu Mal abnimmt. Trotzdem bleibt es jedes Mal ein faszinierendes und absolut traumhaftes Erlebnis, diese süßen, flauschigen, niedlichen Tiere für eine Weile beobachten zu können und sich darüber im Klaren zu sein, dass diese ach so niedlichen Teddy Bären potenziell tödlich sein könnten. Auch die seltenen Mountain Goats, oder auf Deutsch „Schneeziegen“, mit ihrem langen schneeweißen Fell und diesen etwas witzig aussehenden langgezogen Köpfen, bekommen wir hier zu sehen. Einfach so am Straßenrand stehen sie dort und grasen vor sich hin. Sogar ein kleines Baby ist mit dabei. Tatsächlich gibt es hier den Ausdruck „Bear Traffic Jam“ auf dem Highway. Denn immer, wenn ein Wildtier am Straßenrand entdeckt wird und das erste Auto anhält um es zu beobachten, dauert es nicht lange, bis sich eine ganze Autoreihe bildet, die alle das Tier sehen wollen. Und es ist faszinierend, dass sich die Tiere, vor allem die Bären, so gar nicht für die Autos interessieren. Die grasen da vor sich hin, schauen ab und zu mal hoch und futtern dann weiter. Und wenn es ihnen zu viel wird, drehen sie sich um und gehen gemütlich zurück in den Wald. Und wo wir gerade beim Thema Bären sind. Da gibt es noch eine witzige Anekdote zu. Auf ca. der Hälfte des Icefields Parkway übernachten wir im „Rampart Creek Wilderness Hostel“. Die meisten Campingplätze sind tatsächlich noch geschlossen und so weichen wir auf das Hostel aus. Es ist die rustikalste, aber auch irgendwie coolste Unterkunft, die wir hier in Kanada bisher hatten. Direkt neben dem Highway, am Fuße einer steilen Felswand stehen 3 kleine Holzhütten. Draußen auf ein paar Holzbänken um eine Feuerstelle sitzen ein paar Menschen und begrüßt werden wir von einem Mann, der einen Kapuzenpulli trägt, bei dem die Kapuze tief ins Gesicht gezogen ist. Er wirkt etwas gruselig, aber es stellt sich heraus, dass er der Hostelleiter und einfach nur ein sehr ruhiger Mensch ist und eigentlich total sympathisch. Er zeigt uns die Unterkunft. In einer der drei Holzhütten befindet sich unser Zimmer. Ein 6-Bett Zimmer, dass wir uns mit Victor teilen, einem jungen Kanadier, der mit seinem Fahrrad von Vancouver nach Toronto fährt. In einer der anderen beiden Hütten befindet sich die Küche und der Gemeinschaftsraum, in dem wir den Abend verbringen. Die Toiletten sind etwa 20m entfernt und bestehen aus drei Plumpsklos. Eine Sauna gibt es oben zwischen ein paar Bäumen auch noch. Das wars. Fließendes Wasser gibt es nicht. Na, ist ja jetzt nicht ganz neu für uns. Was macht aber dieses Hostel zu einer unserer Lieblingsunterkünfte? Genau können wir das auch nicht sagen. Es gibt keinen Luxus, die Betten sind unbequem und duschen können wir auch nicht. Aber irgendwie fühlt es sich so an, als wären wir auf so einer einsamen Berghütte. Die Umgebung, mit dem Bergpanorama, ist wunderschön. Das Rustikale und die Menschen dort, die alle eher auf Wandern und Outdoor-Erlebnisse aus sind, anstatt auf Party und Saufen, macht es irgendwie zu einer richtig schönen Erfahrung. Achja und die Anekdote? Naja, als wir abends zusammensitzen und etwas essen, kommt der Hostelleiter rein und sagt, dass unten beim Parkplatz, der so etwa 50m entfernt war, gerade ein Bär sein Unwesen treibt. Wir sollen also bitte hier oben bleiben und nicht versuchen uns dem Bären zu nähern. Ich denke kurz an Mausi, die dort unten auf dem Parkplatz steht und hoffe, dass der Bär sie in Ruhe lässt. Erstmal ist es total seltsam, wie „normal“ es wirken kann, dass dort ein Bär ist. Eine Situation, die in unserem Leben in Deutschland undenkbar ist. Das Nächste, was passiert, hätten wir uns aber auch nicht vorstellen können. Wir sehen den Hostelleiter, wir er „bewaffnet“ mit zwei Backblechen zum Parkplatz marschiert, um den Bären zu verscheuchen. Wirklich? So geht man hier gegen Bären vor? Mit Backblechen? Naja. Okay. Der Fakt, dass ein Bär dem Camp hier so nahekommt, ist auch irgendwie beunruhigend. Die Wahrscheinlichkeit, dass er bis zu den Hütten kommt, ist eher gering, da er bei so vielen Menschen meistens schon keine Lust mehr hat. Aber wenn man z.B. auf Toilette geht, muss man sich zwangsläufig von den Hütten entfernen. Übrigens in Richtung des Parkplatzes. Aber da ihr diese Zeilen jetzt lest, haben wir anscheinend die Zeit dort im Camp überlebt. Man sollte grundsätzlich immer einen gesunden Respekt vor den Tieren haben und sich an gewisse Regeln halten, um eine Begegnung in erster Linie zu vermeiden. Es gilt vor Allem eine Überraschungsbegegnung zu vermeiden. Denn wenn man plötzlich vor einem Bären steht, würde sich dieser mindestens so doll erschrecken wie wir und dann aus dem Affekt und zur Abwehr angreifen, weil er so schnell nicht ausmachen kann, ob wir eine Gefahr darstellen oder nicht. Ein Bär ist kein Tier, dass den Menschen taktisch angreifen will. Im Gegenteil, ein Bär hat überhaupt kein Interesse an Konflikten und schon gar nicht mit Menschen. Sollte man einem Bären begegnen ist es in erster Linie wichtig, auf sich aufmerksam zu machen bzw. durch laute Unterhaltungen oder Lärm schon vorher den Bären zu warnen. Meistens ergreifen sie dann auch schon die Flucht, bevor wir sie überhaupt zu Gesicht bekommen. Aber ja, es sind schon Menschen von Bären getötet worden und man will es auch nicht unbedingt drauf ankommen lassen.

Am nächsten Morgen geht es weiter den Icefields Parkway hinauf. Nachdem wir bereits gestern einen der beiden Höhenpässe hinter uns gelassen haben, müssen wir heute den nächsten bestreiten. Große Sorgen machen wir uns mittlerweile allerdings nicht mehr. Es ist schon witzig, denn auf unserer Überfahrt von Ost nach West, war immer dieser eine Pass in den Rocky Mountains, in unserem Kopf. Wir haben uns so große Gedanken gemacht, ob unser Auto diesen 1700m Pass schaffen würde. Und jetzt? Jetzt machen wir uns bei einem 2000m Pass keine Gedanken mehr. Wir haben gelernt, dass das Auto alles irgendwie schafft. Auch wenn wir manchmal im 2. Gang mit 30 Km/h den Berg rauf schleichen, geschafft haben wir es immer. Und so auch diesmal. Ein weiteres Highlight der Route wartet auf dem zweiten Pass auch auf uns. Der, zwischen dem Snow Dome und dem Mount Andromeda gelegene, Athabasca Gletscher. Wir parken das Auto auf dem Parkplatz des dazu gehörigen Icefield Centre und machen uns auf den Weg zum Fuße des Gletschers. Auf dem Weg dorthin machen uns Schilder darauf aufmerksam, wie weit der Gletscher bereits zurückgegangen ist. Vor etwa 125 Jahren reichte der Gletscher noch bis zum Highway und heute muss man von dort aus eine gute Stunde laufen, um den Gletscher zu erreichen. Vor Allem, als wir an einem Schild ankommen, dass aufzeigt, bis wohin der Gletscher noch 1992 ging. Wir schauen auf die Distanz bis zum Anfang des Gletschers und sind schockiert. 1992 wurde Lara geboren und zu sehen, wie sehr der Gletscher im Laufe ihres Lebens schon zurückgegangen ist, ist erschreckend. Wieder einmal wird uns der Klimawandel bewusst gemacht und wir fragen uns, was von all diesen wunderschönen Landschaften eigentlich noch übrig sein wird, wenn mal die heute geborene Generation oder die darauffolgende so eine Reise, wie wir sie machen, macht.

Am Abend erreichen wir die Stadt Jasper. Lara und ich wollen mal wieder Campen und so bleiben wir auf einem Campingplatz kurz vor der Stadt. Kim und Jochen setzen wir vorher noch in einem Hostel in der Stadt ab, wo sie die nächste Nacht verbringen werden. Für die zwei darauffolgenden Nächte haben wir dann wieder zusammen ein Zimmer in einem Hostel in Jasper gebucht. Das Hostel ist richtig schön. Wir verbringen die Abende unten im Gemeinschaftssaal, kochen, spielen Karten und Billard. Das Hostel ist sehr modern und schön eingerichtet. Es kommt wieder ein richtiges Hostel-Reise-Feeling auf. Die Tage in Jasper verbringen wir damit ein paar kleinere Wanderungen zu unternehmen und uns die Stadt ein wenig anzuschauen. Auf der Fahrt vom Maligne Canyon zum Maligne Lake haben wir dann ein weiteres wundervolles Wildlife-Erlebnis. Am Straßenrand, ca. 2 Meter von uns entfernt steht ein großer Elch, der sich dort ganz gemütlich von den Bäumen ernährt. Wieder bekommen wir die Chance ihn eine Weile zu beobachten und können unser Glück kaum fassen. Jetzt haben wir wirklich fast alles hier in Kanada gesehen. Der Jasper Nationalpark ist sehr facettenreich. Wir machen Wanderungen in wunderschönen Wäldern um kleine grün-türkise Seen herum, an einem Canyon entlang oder um typisch große Seen mit der einzigartigen Bergkulisse. Und auch wenn wir schon einige Wasserfälle gesehen haben, sind die Athabasca Falls nochmal etwas Besonderes. Die Wassermassen haben sich hier einen Weg durch den Kalkstein gegraben und dabei einen schmalen Canyon mit einigen Potholes hinterlassen. Etwas später geht das Wasser dann in einen breiten Fluss über, der auf der einen Seite von beige-gelben Felswänden und auf der anderen Seite von tausenden Nadelbäumen eingerahmt wird. Perfekt wird die Szenerie durch die hohen Berge, die sich am Horizont befinden. Wieder einmal so ein typisches Kanadabild.

An dieser Stelle müssen wir einen kleinen Einschub aus der Zukunft machen. Denn fast genau zwei Monate nachdem wir diese soeben wunderschönen Erlebnisse dort hatten, ist ein großer Waldbrand im Jasper Nationalpark ausgebrochen. Dabei wurden große Teile des Parks, u.a. auch die Region um die Athabasca Falls, zerstört. Auch ein Großteil der Stadt ist niedergebrannt. Wir waren, wie bereits erwähnt, schon das ein oder andere Mal in Waldbrandgebieten unterwegs, aber dieser Waldbrand ist uns sehr nahe gegangen. Wir sehen heute die Bilder und sind sprachlos über das, was wir da sehen. Das Hostel, in dem wir zwei Nächte verbracht haben, ist komplett zerstört. Das Einzige, was man auf dem Foto noch erkennen kann und was noch steht ist der Fahrstuhlschacht. Alles andere ist nur noch ein Trümmerhaufen. Restaurants, Cafés und Shops, an denen wir noch vorbei geschlendert sind oder die wir gar besucht haben, sind jetzt nur noch ein Haufen Asche. Der Campingplatz, auf dem Lara und ich übernachtet haben, ist abgebrannt und verwüstet. Man sieht auf den Bildern sogar ein paar Wohnwagen und Wohnmobile, die zurückgelassen werden mussten. Wir lesen Berichte von Reisenden, die evakuiert wurden und alles zurücklassen mussten. Ihren Camper mit allem, was sie besaßen. Und all die Einwohnenden von Jasper, die ihr zu Hause verlassen mussten und fliehen. Aus den Erzählungen von Anke, können wir uns einigermaßen vorstellen, wie schrecklich das sein muss. Du wirst evakuiert und weißt nicht, was mit deinem zu Hause passiert. Erst wenn das Feuer wieder unter Kontrolle ist, die Gefahr gebannt und du die Erlaubnis bekommst, wieder zurückzukehren, weißt du, ob dein Haus noch steht oder nicht. Viele Reisende wissen lange nicht, ob ihr Camper noch existiert oder nicht. Wir müssen auch daran denken, dass uns das hätte passieren können. Die Vorstellung, dass wir unseren Camper mit allem, was wir hier besitzen, zurücklassen müssten, ohne zu wissen, ob wir den jemals wieder sehen werden, ist der blanke Horror. Wir hatten die Chance, die Stadt und den Park noch mal so zu sehen, wie man ihn jetzt für viele Jahre nicht mehr sehen wird. Auch hier wird es jetzt große Flächen geben, an denen nur diese schwarz-grauen Stämme, anstatt der sonst so knallgrünen Bäume, stehen werden. Die Landschaft wird für Jahrzehnte nicht mehr so sein, wie sie mal war. Was für signifikante Auswirkung dies auf das Landschaftsbild hat, konnten wir bereits im Waterton Nationalpark sehen.

Das Ende unseres gemeinsamen Abenteuers

Das Ende unserer Zeit in Jasper, bedeutet nun auch fast schon das Ende unserer gemeinsamen Zeit mit Kim und Jochen. Und irgendwie auch das Ende unserer Kanadazeit. Denn unser Jahr hier ist nun fast rum und nun müssen wir eigentlich nur noch das Auto verkaufen und uns überlegen, wo es als nächstes hingeht. Apropos Auto. Ja Mausi macht das Ende unserer Reise auch mal wieder ein bisschen spannender. Wie? Indem sie sich dazu entscheidet einfach auszugehen und nicht mehr zu starten. Nach unserem Tagestrip von Jasper aus zum Maligne Lake und Maligne Canyon, wollen wir noch mal das Auto volltanken, um am nächsten Tag so weit wie möglich zu kommen. Unser Plan ist es, den Icefields Parkway bis ungefähr zur Hälfte wieder runterzufahren, um dann auf dem Highway 11 Richtung Osten aus den Rocky Mountains rauszufahren. Auf dem gesamten Icefields Parkway gibt es nur eine Tankstelle, die extrem teuer ist. Deswegen wollen wir es mit der Tankfüllung möglichst raus aus dem Nationalpark schaffen, um in der nächsten Ortschaft zu tanken. Gesagt getan. Wir tanken das Auto in Jasper voll, checken Öl und Kühlwasser und machen uns dann auf den Weg zum Hostel. Weit kommen wir aber nicht. Etwa 100m nach der Tankstelle geht der Motor aus. Genau so, wie es letztes Jahr schon zweimal passiert ist. Oh nein. Und vor paar Tagen haben wir noch darüber gesprochen, wie problemlos das Auto gerade läuft. Aber wir wissen ja jetzt, was wir tun müssen. Also ziehen wir wieder, mittels einer großen Spritze, das Benzin durch den Filter und füllen die Schwimmerkammer des Vergasers auf. Und siehe da, Auto läuft wieder und geht nicht wieder aus. Zurück zum Hostel, das Auto parken und darauf hoffen, dass es das einzige mal war. Aber das sollte es nicht. Es wird uns die nächsten Tage nach fast jedem Stopp passieren. Jedes Mal wieder müssen wir das gleiche Prozedere durchmachen, um den Motor wieder zum Laufen zu bekommen. Teilweise kommt es dann aber auch vor, dass der Motor im Stand, nachdem wir lange gefahren sind, einfach ausgeht. Das ist neu. Und die Häufigkeit ist auch neu. Wir machen uns Gedanken, dass unser „Trick“ irgendwann mal nicht mehr funktioniert. Und da sind sie wieder, diese Sorgen ums Auto. Auf Grund der Probleme und der Sorge, dass wir es vielleicht nicht nach Calgary schaffen könnten, entscheiden wir uns, die etwa 600km nach Calgary in zwei Etappen aufzuteilen. Unsere höchste Priorität ist es, dass wir Kim und Jochen nach Calgary bringen, denn deren Flug zurück nach Deutschland geht schon in drei Tagen. Abgesehen von den Problemen mit dem Auto, haben wir nochmal eine wunderschöne Fahrt nach Calgary. Wir verlassen den Jasper Nationalpark über den Highway 11 und fahren Richtung Osten. Es geht wieder so schnell, dass sich das Landschaftsbild verändert. Wir fahren vorbei am Abraham Lake und kurz danach, fast schon von jetzt auf gleich, sind wir raus aus den Rocky Mountains und kommen wieder in die Prärie von Alberta. Anstatt Straßen, die sich auf und ab an Berghängen entlang schlängeln, geht es nun auf geraden, rechtwinklig angeordneten Straßen durch grüne Wiesen, Wälder und kleine Hügel. Unsere Letzte Übernachtung vor Calgary ist in Rocky Mountain House. Dort finden wir einen wunderbaren ruhig gelegenen Campingplatz in einer „National Historic Site“. Rocky Mountain House spielte eine große rolle im Fellhandel und galt als wichtiger Handelsposten. Den Abend verbringen wir damit, am Lagerfeuer über unsere Highlights der letzten Wochen zu reden. Damit Kim und Jochen im Camper schlafen können, verbringen Lara und ich die Nacht im Zelt. Mitten in der Nacht werde ich auf einmal wach, weil um uns herum ein ganzes Rudel Wölfe heult. Wow, was für ein Erlebnis.

Am nächsten Tag fahren wir bis Calgary. Unser erster Anlaufpunkt ist eine Werkstatt, um uns einen neuen Benzinfilter zu kaufen. Da die Benzinpumpe erst vor paar Monaten ausgetauscht wurde, habe ich dieses Mal den Filter in Verdacht und hoffe, dass das Austauschen des Filters unser Problem lösen wird. Aber nein. Obwohl wir den Filter noch direkt bei der Werkstatt austauschen, kommt das gleiche Problem nach dem nächsten Tankstopp schon wieder. Nun habe ich genug. Ich hole die neue Benzinpumpe, die Kim und Jochen aus Deutschland mitgebracht haben, raus und tausche diese kurzerhand aus. Mittlerweile bin ich tatsächlich schon gut geübt darin und es dauert nur wenige Minuten. Und siehe da, das Auto läuft wieder. Auch nachdem wir den Motor mehrmals aus machen und wieder an. Vielleicht scheint sich das Problem also gelöst zu haben.

In Calgary mangelt es wieder an Möglichkeiten zum Campen. Kim findet ein Hotel, dass schon fast unverschämt günstig ist, in dem wir die letzten zwei Nächte verbringen werden. Da wir nun, wieder einmal, das Vertrauen ins Auto verloren haben, ist uns auch wohliger bei dem Gedanken, nicht so viel mit dem Auto in der Stadt umherzufahren. So können wir den Van einfach auf dem Parkplatz stehen lassen und von dort aus die Stadt erkunden. Wir merken mittlerweile wieder, dass der Input der letzten 4 Wochen ganz schön viel war und somit ist bei uns allen die Motivation nicht sonderlich hoch die Stadt großartig zu erkunden. Dennoch machen wir uns aber auf in die Stadt. Wir können ja schließlich nicht einfach nur im Hotelzimmer sitzen. Es wird sich ein bombastisches typisch amerikanisches Frühstück gegönnt und dann spazieren wir durch die verschiedenen Viertel der Stadt. Irgendwie kann uns Calgary nicht wirklich begeistern. Klar gibt es hier und da mal schöne Ecken, aber am Ende ist es irgendwie auch nur wieder eine typisch nordamerikanische Großstadt. Sorry an alle Calgary-Liebhaber! Vielleicht ist es auch unsere Reisemüdigkeit, die langsam wieder hochkommt und sich deswegen unsere Begeisterung in Grenzen hält.

Dann ist er auch schon da. Der Tag des Abschieds. Wir wollen kein Risiko mit unserem Auto eingehen und sicherstellen, dass Kim und Jochen auch wirklich am Flughafen ankommen. Daher bestellen die beiden sich ein Uber und wir verabschieden uns vor dem Hotel. Wieder einmal heißt es Abschied nehmen. Wie wir es hassen. Die Beiden steigen ins Auto, fahren fort und da stehen wir nun. Wieder zu zweit. Und jetzt? Das ist jetzt wohl der Moment, der auch unser Ende hier in Kanada einläutet. Es ist so seltsam jetzt wieder allein zu sein. Wir werden die beiden echt vermissen. Klar, wenn wir ehrlich sind, gab es natürlich Momente, wo wir uns alle gegenseitig mal auf den Sack gegangen sind. Es kam auch mal zu Unstimmigkeiten oder verschiedenen Ideen, Wünschen oder Bedürfnissen. Wenn man zu viert auf so engem Raum zusammen reist ist da immer ein gewisses Konfliktpotenzial und es ist auch mal anstrengend. Insbesondere wenn man 4 Wochen jeden Tag zusammen ist. Es gab auch einige Umstände, die uns dazu gezwungen haben, unsere Reisepläne immer wieder neu anzupassen. Aber wir sind wirklich froh und glücklich, dass Kim und Jochen uns besucht haben. Wir hatten eine großartige Zeit miteinander. Viel gelacht, gequatscht, erlebt und auch mal geweint. Das ist doch, was eine Freundschaft ausmacht. Es ist so schön, dass wir gemeinsam diese Erlebnisse geteilt haben, und es freut uns, dass wir ihnen das alles hier zeigen konnten.

Nun beginnt ein neues Kapitel unseres Kanada Abenteuers: Das Ende!

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